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Der Post auf Social Media

Wann die betriebliche Äußerung zum Verhängnis wird

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Soziale Netzwerke sind heute das ideale Medium, um die eigene Meinung per einfachem Klick mit einer großen Öffentlichkeit zu teilen. Die Rechtsprechung war jüngst wieder mit dem schon lange schwelenden Konflikt zwischen der Meinungsfreiheit und betrieblichen Interessen befasst.

Ein Grund für den erneuten Aufschwung, verbunden mit entsprechendem Aufruhr, bot die Tätigung pro-palästinensischer Aussagen mehrerer Profi-Fußballspieler. Während ein Bundesliga-Spieler mit sofortiger Wirkung vom Trainings- und Spielbetrieb freigestellt wurde, resultierten aus gleichartigem Verhalten eines anderen Profi-Fußballers keinerlei Konsequenzen in Bezug auf sein Beschäftigungsverhältnis. 

Die Frage nach der Grenze zwischen zulässiger Meinungsäußerung und sanktionsfähigen Äußerungen bleibt weiterhin eine Gradwanderung in der Arbeitswelt.

Betriebsfrieden versus Meinungsfreiheit

Wie eingangs erwähnt, stehen die Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs.1 S.1 GG und die innerhalb eines Arbeitsverhältnisses beidseitig bestehende Verpflichtung zur Wahrung des Betriebsfriedens in einem Spannungsverhältnis. 

Wann aber wirkt eine politisch geprägte Meinungsäußerung dergestalt in das Arbeitsverhältnis hinein, dass sie dieses in einem Ausmaß berührt, welches arbeitsvertragliche Sanktionen bis hin zur Kündigung rechtfertigen kann? Eine pauschale Beantwortung dieser Frage kann bereits unter Verweis auf die herausragende Bedeutung der Meinungsfreiheit nicht erfolgen. Dennoch ist die Annäherung an eine operable, auch zeitgemäße Lösung aus Arbeitgeberperspektive gerade im Lichte aktuellen Geschehens unverzichtbar.

Die Störung des Betriebsfriedens: Grundlagen

Der Begriff Betriebsfrieden umschreibt das störungsfreie Zusammenleben im Betrieb unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen aller Beteiligten.  

Eine betriebliche Äußerung kann als Störung des Betriebsfriedens eingeordnet werden, wenn sie jedenfalls mittelbaren Bezug zum Betrieb aufweist. Beiden Begriffen ist eine gewisse Konturlosigkeit gemein, welche erstmals im Jahre 1980 durch das Bundesarbeitsgericht adressiert wurde. Hintergrund der Entscheidung war ein Arbeitnehmer, welcher anlässlich des Bundestagswahlkampfs mit einem am Oberkörper platzierten Aufruf zur Nichtwahl der seinerzeit von Franz-Josef-Strauß geführten Unionsparteien im Betrieb erschien („Stoppt Strauß!“). 

Der Arbeitgeber mahnte wiederholt ab und kündigte dann das Arbeitsverhältnis. Diese Beharrlichkeit des Arbeitnehmers nahm das BAG als maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die schlussendliche Bestätigung der in diesem Fall ausgesprochenen Kündigung: Die Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Betrieb nicht zu stören, gehöre zu den nach dem Arbeitsvertrag zu erfüllenden Pflichten des Arbeitnehmers. Die trotz Abmahnung weitergeführte Kundgabe der Meinungsäußerung sei wegen der provokativen Motivation des Arbeitnehmers nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt, sodass die betrieblichen Interessen, den Betriebsfrieden zu wahren, überwögen. 

Das Urteil stellte erste Weichen in Richtung einer Grenzziehung auf. So ist seither anerkannt, dass das Interesse an der freien Meinungsäußerung gegen die aus Verpflichtung zur Wahrung des Betriebsfriedens abgewogen werden kann, also eine taugliche Schranke der Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs.2 GG darstellt. Auch kristallisierte sich im Zuge der Entscheidung heraus, dass es der Differenzierung zwischen einer Gefährdung und der tatsächlichen Störung des Betriebsfriedens bedarf. 

Eine beharrliche, damit tatsächliche Störung des Betriebsfriedens liegt hiernach vor, wenn ein Arbeitnehmer andere Mitarbeiter durch ständige Angriffe auf ihre politische Überzeugung oder religiöse Einstellung reizt, dadurch eine erhebliche Unruhe in der Belegschaft hervorruft und so erhebliche Störungen im Betrieb entstehen. 

Singuläre Äußerungen können folgerichtig für sich genommen keine Störung des Betriebsfriedens nach den obigen Parametern herbeiführen. Die Meinungsfreiheit findet jedoch stets ihre Grenze in strafbaren Äußerungen, sodass hier auch einmalige Kundgaben nicht dem Schutzbereich von Art. 5 Abs.1 S.1 GG unterfallen. Dies ist vor allem bei strafbaren Beleidigungen gem. § 185 StGB, der Volksverhetzung nach § 130 StGB als auch der Billigung von Straftaten gem. § 140 Nr.2 StGB der Fall. 

Außerbetriebliche Äußerungen, insbesondere auf Social-Media-Plattformen

Ein Arbeitnehmer muss bei Veröffentlichung eines Beitrags auf sozialen Netzwerken grundsätzlich keine Rücksicht auf die Interessen seines Arbeitgebers nehmen, solange kein Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht. Dies ist nicht bloß Ausdruck der Meinungs-, sondern nicht zuletzt der ebenso verfassungsrechtlich gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit im Bereich der privaten Lebensgestaltung des Arbeitnehmers. 

Insbesondere bei Profilen, die über eine große Reichweite verfügen und gegebenenfalls als offizielles Unternehmensprofil wie eine Art „Aushängeschild“ des Arbeitgebers fungieren - so bei den eingangs erwähnten Fußballspielern -, muss indes berücksichtigt werden, dass die Schnittstelle zur arbeitsrechtlich relevanten Sphäre schneller überschritten sein kann, das Risiko arbeitsvertraglicher Verstöße damit deutlich erhöht ist. 

Konkret bedeutet dies, dass sofern ein auf sozialen Medien veröffentlichter Beitrag eines Arbeitnehmers mit entsprechender Reichweite und unter öffentlicher Darstellung seiner beruflichen Tätigkeit in die Sphäre des Arbeitsverhältnisses einwirken kann, dass er gegen die geltende Rücksichtnahmepflicht verstößt. Dann ist eine arbeitsvertragliche Sanktionierung bis hin zur (außerordentlichen) Kündigung des Arbeitsverhältnisses möglich. 

Ein den Betriebsfrieden störendes Hineinwirken kann auch bei privat gestalteten Profilen, auf denen politisch motivierte bzw. extremistische Beiträge veröffentlicht werden, gegeben sein, etwa durch das Tragen von Arbeitskleidung, die die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Betrieb unzweifelhaft erkennen lassen. 

Handlungsoptionen für Arbeitgeber

Welche arbeitsvertraglichen Maßnahmen stehen Arbeitgebern in Fällen um politisch motivierte, den Betriebsfrieden störende Äußerungen zur Verfügung? 

Abmahnung

Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt grundsätzlich erst in Betracht, wenn zuvor eine einschlägige Abmahnung des Arbeitnehmers erfolgt ist. Eine ohne Abmahnung ausgesprochene, außerordentliche Kündigung erfordert einen schwerwiegenden Pflichtverstoß, der die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Vertragsparteien zur Folge hat und für dessen Vorliegen der Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet ist.

Außerordentliche, (hilfsweise) ordentliche Kündigung

Zentrales Element der außerordentlichen Kündigung ist die Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen, hier die Meinungsäußerungsfreiheit des Arbeitnehmers gegenüber den schutzwürdigen Interessen der übrigen Arbeitnehmer sowie des Arbeitgebers, nicht gegen ihren Willen fortwährender Agitation bzw. Provokation im betrieblichen Umfeld ausgesetzt zu sein. 

In die Interessenabwägung ebenfalls einzustellen ist – wie soeben angesprochen - etwaiges Nachtatverhalten: Zeigt der Arbeitnehmer Reue dahin, indem er den Beitrag auf eigene Initiative löscht, ist dies zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.

Fazit

Zusammenfassend zeigt sich, dass private Äußerungen auf Social Media einen Anknüpfungspunkt zum Arbeitsverhältnis brauchen, damit sie arbeitsrechtlich relevant sein können. Sofern dies der Fall ist, drohen dann auch die „üblichen“ arbeitsrechtlichen Sanktionen wie Abmahnung und Kündigung.