Dienstwagennutzung – was ist zu beachten?
Der „war of talents“ am Arbeitsmarkt hat schon lange begonnen. Immer mehr Arbeitgeber versuchen dabei mit Mobilitätskonzepten bei potenziellen Bewerbern zu punkten und sich so von anderen potenziellen Arbeitgebern abzuheben. Möchte ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern einen Dienstwagen zur Verfügung stellen, muss er dabei allerdings im Vorfeld einige wichtige Weichen stellen.
1. Rein dienstliche Nutzung versus private Nutzung
Die wichtigste Hauptüberlegung ist zunächst, ob der zur Verfügung gestellte Dienstwagen durch die Arbeitnehmer rein dienstlich genutzt werden soll oder ob darüber hinaus auch die private Nutzung der Dienstwagen zugelassen wird. Grundsätzlich sind Dienstwagen Betriebsmittel des Arbeitgebers, sodass die private Nutzung dieser Fahrzeuge ausdrücklich zugelassen und mit dem Arbeitnehmer entsprechend vereinbart werden muss. Dienstwagen werden dabei deutlich häufiger privat genutzt, als man auf den ersten Blick vielleicht vermuten könnte. So liegt eine private Nutzung bereits dann vor, wenn die Arbeitnehmer mit den ihnen zur Verfügung gestellten Dienstwagen von zu Hause aus den Arbeitsweg antreten.
Die jeweiligen Einzelheiten der Dienstwagennutzung können entweder im Wege einer Dienstwagenvereinbarung oder im Rahmen des individuellen Arbeitsvertrages geregelt werden. Welche Variante für Sie und Ihre Arbeitnehmer vorzugswürdig ist, hängt maßgeblich von Ihren individuellen Bedürfnissen sowie der Anzahl der dienstwagenberechtigten Mitarbeiter ab. Beide Vertragsgestaltungsvarianten haben gleichermaßen ihre Existenzberechtigungen. Gleich welche Gestaltungsvariante Sie für Ihr Unternehmen und Ihre Arbeitnehmer wählen, einige grundlegende Punkte sollten stets durchdacht und geregelt werden:
- Welche Mitarbeitergruppen des Unternehmens können unter welchen Voraussetzungen und wie lange einen Dienstwagen in Anspruch nehmen?
- Nach welchen Merkmalen soll Ihre Fahrzeugflotte zusammengestellt werden oder obliegt die Konfiguration ganz oder teilweise den Arbeitnehmern?
- Wird der Dienstwagen ausschließlich zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung gestellt und falls nein, wie umfangreich soll die private Nutzung gestattet werden?
- Im Rahmen der privaten Nutzung: Wie soll die Überlassung und die Mitnahme Dritter geregelt werden?
- Wie erfolgt die Tragung regelmäßiger und außerordentlicher Kosten (etwa für Wartung und Instandhaltung, Reparaturen, Benzin und Bußgelder aufgrund Fahrerfehlverhaltens)?
- Welche Pflichten sollen den dienstwagenberechtigten Arbeitnehmern auferlegt werden (Versicherung, Wartung und Pflege des Kfz, Meldepflichten bei Unfällen u. Ä., Alkoholverbot, Mitteilung bei Verlust des Führerscheins)?
- Wie erfolgt die Haftungsverteilung zwischen Ihnen und Ihren Arbeitnehmern?
- Möglichkeiten des vollständigen oder vorübergehenden Entzuges des Dienstwagens
- Rückgabemodalitäten im Falle der Beendigung oder im Falle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses
- lohnsteuerliche Fragen bei Privatnutzung
2. Private Nutzung als geldwerter Vorteil und Sachleistung
Stellt der Arbeitnehmer seinen Arbeitnehmern Dienstwagen zur privaten Nutzung zur Verfügung, so handelt es sich steuerrechtlich hierbei um einen geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer. Dieser steuerrechtliche geldwerte Vorteil unterliegt der Beitragspflicht in der Sozialversicherung.
Darüber hinaus stellt die Überlassung des Dienstwagens zu privaten Zwecken eine echte Sachleistung des Arbeitgebers und somit gleichzeitig Arbeitsentgelt dar. Damit ist der geldwerte Vorteil aus der Nutzungsüberlassung auch lohnsteuerpflichtig. Sofern der Arbeitnehmer dem Arbeitnehmer die private Nutzung des Dienstwagens gestatten wird, führt dies beim Arbeitnehmer auch dann zu einem steuerpflichtigen Vorteil, wenn er das Fahrzeug tatsächlich nicht privat nutzt – es kommt hier dementsprechend auf die reine, potenzielle Nutzungsmöglichkeit an.
3. Entzug der Dienstwagennutzung
Ein besonders sensibles Thema kann insbesondere der Entzug der privaten Dienstwagennutzung sein. Aufgrund des Umstandes, dass es sich bei der Zulassung der privaten Nutzung eines Dienstwagens um eine echte Sachleistung handelt, schuldet der Arbeitgeber die Nutzungsüberlassung grundsätzlich so lange, wie er dem Arbeitnehmer auch das Arbeitsentgelt schuldet.
Es stellt sich sodann die Frage, was mit überlassenen Dienstwagen passiert, wenn etwa das Arbeitsverhältnis aufgrund besonderer Umstände ruht (etwa Elternzeit) oder Arbeitnehmer aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung in die Entgeltfortzahlung rutschen.
Eine durchdachte Dienstwagenvereinbarung kann sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer hier Rechtssicherheit geben und Konflikten vorbeugen. Grundsätzlich ist es so, dass im Falle einer Erkrankung das Recht zur privaten Nutzung des Dienstwagens endet, wenn auch der Entgeltfortzahlungszeitraum nach § 3 EFZG endet. Hingegen bleibt das Recht zur privaten Nutzung des Dienstwagens während Urlaubszeiträumen bestehen – gleiches gilt für Mutterschutzzeiten. Insgesamt sind die möglichen abweichenden Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen einer Dienstvereinbarung allerdings vielfältig und individuell auf die Bedürfnisse der Vertragsparteien anpassbar.
Das Nutzungsrecht endet in jedem Fall mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses bzw. mit dem Ende der Dienstwagenvereinbarung. Grundsätzlich ist es aber auch möglich für die Zeit während des Arbeitsverhältnisses einen Widerrufsvorbehalt zu vereinbaren. Hier sind die Hürden an die Wirksamkeit eines solchen Widerrufsvorbehaltes allerdings besonders hoch. Regelmäßig wird es sich bei einer Dienstwagenvereinbarung um einen Formularvertrag, also um allgemeine Geschäftsbedingungen handeln. Der in einem Formularvertrag vereinbarte Widerrufsvorbehalt für die Privatnutzung eines Dienstwagens ist nur wirksam, wenn die Sachgründe für den Widerruf angegeben sind und der durch den Widerruf entzogene geldwerte Vorteil weniger als 25% des regelmäßigen Verdienstes beträgt. Bei dem Widerruf der privaten Nutzungsmöglichkeit sind üblicherweise Ankündigungs- und Auslauffristen zu beachten.
Arbeitgeberseitig angedacht werden sollten außerdem Entzugsmöglichkeiten für den Fall des Führerscheinverlustes des Arbeitnehmers sowie den Fall der vertragswidrigen Nutzung des Dienstwagens (hierzu gehört etwa eine nicht erlaubte übermäßige private Nutzung oder der Verstoß gegen den Arbeitnehmer treffende Pflichten in Bezug auf die Dienstwagennutzung).
4. Haftungsverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Unfälle sind menschlich und lassen sich leider nicht immer vermeiden. Zu unterscheiden sind dabei dienstlich veranlasste Unfälle und solche Unfälle, die sich auf den Privatfahrten des Arbeitnehmers ereignet haben.
Ereignet sich der Unfall auf einer Betriebsfahrt, finden die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleiches Anwendung. Das bedeutet: handelt der Mitarbeiter grob fahrlässig oder vorsätzlich, obliegt ihm die Tragung des Schadens in eigener Person. Wurde der Unfall durch normale Fahrlässigkeit verursacht, kommt es zu einer Quotelung des Schadens zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Im Rahmen von bloß leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer auf Betriebsfahrten nicht. Dritten gegenüber ist die Haftung des Arbeitnehmers nicht eingeschränkt. Aufgrund der vorgenannten Schadensverteilung ist es Arbeitgebern dringend zu empfehlen, für den Dienstwagen eine Vollkaskoversicherung abzuschließen.
Im Rahmen der privaten Nutzung des Dienstwagens ist der Arbeitnehmer nicht über die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleiches haftungsprivilegiert. Gleiches gilt auch für solche Fahrten, welche die erlaubte private Nutzungsgrenze überschreiten.
Relevant werden kann auch die Haftungsverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für solche Schäden, die durch die unsachgemäße Behandlung des Dienstwagens (z.B. mangelnde Wartung und Pflege) entstehen. In diesem Bereich liegt ein nicht zu unterschätzendes Schadenspotenzial.
5. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates
Entschließt sich der Arbeitgeber, dass die Nutzung eines Dienstwagens einer Mitarbeitergruppe zur Verfügung gestellt wird, liegt kein Einzeltatbestand mehr vor, sondern ein sog. Kollektivtatbestand. Im Rahmen eines solchen kollektiven Tatbestandes können daher die Mitbestimmungstatbestände des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 BetrVG eröffnet und vom Arbeitgeber zu beachten sein. Bei der Dienstwagennutzung sollte insbesondere an die nachstehenden Mitbestimmungsrechte gedacht werden:
- § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG – „Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer“ beispielsweise im Rahmen einer Arbeitsverordnung die Regelungen zu Dienstwägen enthält,
- § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG – „Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“ beispielsweise bei der Nutzung eines elektronischen Fahrtenbuchs per GPS,
- § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG – „Fragen der betrieblichen Lohngestaltung“ da es sich um einen geldwerten Vorteil und somit um Entgelt im Sinne des BetrVG handelt.
6. Praxishinweise
Dienstwagen sind in Deutschland weit verbreitet. Den Parteien steht im Rahmen einer Dienstwagenvereinbarung ein großer Regelungsspielraum zu. Insofern ist es absolut empfehlenswert im Vorfeld vertraglich (sei es durch eine eigene Dienstwagenvereinbarung oder Regelungen im Arbeitsvertrag) hier klare Regelungen zu schaffen.
Damit Sie und Ihre Mitarbeiter (rechts-) sicher mit Dienstwagen unterwegs sind, sollten Sie eine Reihe vom Punkten beachten und bereits vor dem ersten Fahrtantritt regeln. Besonders relevant sind dabei insbesondere - auch aus finanzieller Hinsicht - die nachstehenden Punkte:
- Umfang der Privatnutzung
- Haftungsverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
- Widerrufsmöglichkeiten
- Was passiert bei Beendigung des Leasingvertrages des Fahrzeugs?
- Was passiert bei Beendigung oder längerer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses?
Wenn diese Punkte für alle Beteiligten ordentlich und wirksam geregelt sind, können sich die Beteiligten hoffentlich lange an dem Dienstwagen erfreuen.