Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers: Weihnachtsgeld und Co.
Viele Arbeitnehmer erhalten zusammen mit der Entgeltzahlung für November ein Weihnachtsgeld von ihrem Arbeitgeber. Sofern die Zahlungen nicht aufgrund einer bestehenden Verpflichtung, beispielsweise aufgrund eines Tarifvertrages erfolgen, sondern es sich um eine sogenannte „freiwillige“ Leistung des Arbeitgebers handelt, stellen sich einige arbeitsrechtliche Fragen.
Beispielsweise, ob eine Gewährung in diesem Jahr dazu führt, dass die Arbeitnehmer im nächsten Jahr bereits einen rechtlichen Anspruch erwerben. Es geht häufig um die Frage, ob man sich zukünftig von solchen Leistungen wieder lösen kann und welche rechtlichen Stolpersteine es zu berücksichtigen gilt.
In der Ausgangslage muss man sich insofern fragen, wenn das Weihnachtsgeld bereits in der Vergangenheit gewährt wurde, auf welcher Rechtsgrundlage dies erfolgt.
Folgende Rechtsgrundlagen kommen hierbei typischerweise in Betracht:
- Tarifvertragliche Verpflichtung
- arbeitsvertragliche Vereinbarung
- Betriebsvereinbarung
- betriebliche Übung
- freiwillige Leistung ohne bestehende Rechtsverpflichtung
Abhängig von der Rechtsgrundlage ergeben sich verschiedene Handlungsoptionen. Entweder kann diese gekündigt werden oder durch eine Vertragsveränderung eine Umstellung erfolgen. Sofern es sich um eine tatsächliche freiwillige Leistung handelt, sollte der Fokus darauf gelegt werden, dass diese Leistung auch zukünftig noch freiwillig ist.
Wie sehr bin ich als Arbeitgeber für die Zukunft gebunden?
Zur Beantwortung dieser Frage kommt es insofern darauf an, auf welcher Rechtsgrundlage Weihnachtsgeld gezahlt wird. Erfolgt dies aufgrund bestehender Verpflichtungen (beispielsweise Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Vereinbarung im Arbeitsvertrag) ist eine zukünftige Lösung oder Veränderung nur möglich, sofern die rechtliche verändert wird.
Vereinfacht gesagt bedeutet dies nichts anderes, als dass beispielsweise bei Zahlung aufgrund Vereinbarung im Arbeitsvertrag, eine Veränderung des Arbeitsvertrages erfolgen muss, sofern entweder die Höhe des Weihnachtsgeldes oder der Anspruch an sich verändert werden soll.
Man sollte sich hierbei taktisch auch die Frage stellen, warum ein Arbeitnehmer auf einen bestehenden Anspruch auf Weihnachtsgeld verzichten sollte. Hier ist es in der Praxis häufig nur möglich, eine Vereinbarung mit den Arbeitnehmern zu erzielen, wenn man ihnen ein anderes Modell anbietet.
Wenn man beispielsweise von einem festen 13. Monatsgehalt auf eine Bonuszahlung, die vom Unternehmens-erfolg abhängig ist, abstellt und der Arbeitnehmer somit einen höheren Bonus erreichen kann, werden die betroffenen Arbeitnehmer gegebenenfalls auch zustimmen. Ein ersatzloser Entfall wird sicherlich in der Praxis nur schwer durchsetzbar sein.
Daneben besteht das Problem, dass in vielen Betrieben häufig in der Vergangenheit keine Rechtsgrundlage für die Zahlung bestand, sondern diese einfach kommentarlos erfolgt ist.
Hier besteht das Risiko, dass eine betriebliche Übung entstanden ist. Dies setzt ein wiederholtes, gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers voraus und gleichzeitig einen Vertrauenstatbestand. Sofern also beispielsweise kein Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt wurde – also den Arbeitnehmern erklärt wurde, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt, deren Gewährung in Vergangenheit nicht dazu führt, dass sie auch zukünftig gewährt wird - entsteht eine betriebliche Übung.
Die betriebliche Übung ist ein Rechtsanspruch der Arbeitnehmer, der sich allein aus der praktischen Handhabung ergibt. Sollte also beispielsweise der Arbeitgeber drei Jahre hintereinander immer ein volles 13. Monatsgehalt als Weihnachtsgeld im November ausgezahlt und nicht die Freiwilligkeit explizit erklärt haben, haben die Arbeitnehmer ab dem vierten Jahr einen rechtlich einklagbaren Anspruch auf dieses Weihnachtsgeld. Dieser Anspruch ist gleichzusetzen mit einem vertraglich vereinbarten Anspruch.
Eine zukünftige Lösung von einer betrieblichen Übung ist wiederum nur durch Vereinbarung möglich. Auch die mehrfache Akzeptanz der Nichtgewährung durch den Arbeitnehmer löst diese nicht ab. Sofern der Arbeitgeber also beispielsweise die Zahlungen einfach einstellt und der Arbeitnehmer nichts unternimmt, bleibt der Anspruch trotzdem bestehen. Für das jeweilige Jahr ist er dann zwar nur im Rahmen der Verjährungs- und evtl. geltender Ausschlussfristen durchsetzbar, für die Folgejahre entsteht er jedoch weiterhin jedes Jahr neu.
Wie verhindere ich eine Bindungswirkung für die Zukunft?
Hier kommen zwei Gestaltungsinstrumente insbesondere in Betracht abhängig davon ob sie einen Betriebsrat haben oder nicht.
Betriebe mit Betriebsrat
In Betrieben mit Betriebsrat bietet sich hier die Betriebsvereinbarung an. Denn die Betriebsvereinbarung wirkt unmittelbar und zwingendend (normativ) auf die Arbeitsverhältnisse.
Dies bedeutet nichts anderes, als dass es gerade keinen Umsetzungsakt des Arbeitgebers bedarf, sondern die Betriebsvereinbarung Rechtsgrundlage für die Zahlung des Weihnachtsgeldes ist. Wenn der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung gegenüber dem Betriebsrat kündigt, muss er das Weihnachtsgeld nach deren Ablauf nicht mehr bezahlen.
Wichtig ist hierbei darauf zu achten, dass entweder gar nichts zur Nachwirkung geregelt oder diese explizit ausgeschlossen wird. Sollte in der Betriebsvereinbarung nichts zur Nachwirkung geregelt sein, dann greift die gesetzliche Regelung der Nachwirkung. Dies bedeutet nichts anderes, als dass lediglich die Teile der Betriebsvereinbarung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus nachwirken, welche der zwingenden Mitbestimmung unterliegen.
Da jedoch das „ob“ einer freiwilligen Leistung nicht mitbestimmungspflichtig ist, also der Arbeitgeber allein entscheidet, „ob“ er hierfür ein Budget zur Verfügung stellt, unterliegt die vollständige Einstellung des Weihnachtsgeldes auch nicht der Nachwirkung der Betriebsvereinbarung.
Lediglich das „wie“, also die Verteilung des Gesamtbudgets auf die Arbeitnehmer ist mitbestimmungspflichtig. Wichtig ist in solchen Konstellationen, dass man als Arbeitgeber - wenn man das Weihnachtsgeld einstellen möchte – in der Kündigung der Betriebsvereinbarung auch erklärt, dass sie gekündigt wird, um das Weihnachtsgeld vollständig entfallen zu lassen. Sollte gekündigt werden, damit die Verteilungsgrundsätze oder die Höhe verändert werden, unterliegt die Betriebsvereinbarung dagegen der Nachwirkung.
Hier besteht insofern auch einer der großen Unterschiede zur Regelungsabrede. Die Regelung wirkt gerade nicht unmittelbar auf die Arbeitsverhältnisse, sondern bedarf eines Umsetzungsaktes des Arbeitgebers. Die Regelungsabrede verhindert insofern im Gegensatz zur Betriebsvereinbarung nicht das Entstehen einer betrieblichen Übung, da sie eben nicht unmittelbar wirkt. Sofern sie also beispielsweise aufgrund einer bestehenden Tarifsperre eine Sonderzahlung durch eine Regelungsabrede mit dem Betriebsrat regeln müssen, sollte unbedingt gegenüber den Arbeitnehmern zusätzlich ein Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt werden (siehe unten).
Betriebe ohne Betriebsrat
Wenn Sie keinen Betriebsrat haben, steht Ihnen natürlich das Instrument der Betriebsvereinbarung auch nicht zur Verfügung. Hier ist nur eine Umsetzung im Verhältnis zu jedem einzelnen Arbeitnehmer möglich.
Bei der Weihnachtsgeldzahlung bietet sich insofern üblicherweise die Freiwilligkeitserklärung an. So sollte jedes Jahr gegenüber jedem Arbeitnehmer erklärt werden, dass es sich hierbei um eine einmalige, freiwillige Leistung des Arbeitgebers handelt und keine Rechtsansprüche für die Zukunft begründet.
Häufig stellt sich hierbei die Frage, ob man dies nicht bereits vorab in die Arbeitsverträge mit aufnehmen kann. Nur pauschal hierzu etwas in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, halten wir rechtlich für zu riskant, da die Gerichte häufig solche pauschalen Freiwilligkeitsvorbehalte bereits als unwirksam erachtet haben.
Daneben bitten wir zu berücksichtigen, dass es kaum rechtlich wirksam möglich ist monatliche Leistungen unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt zu stellen.
Fazit
Zusammenfassend gilt es insofern Folgendes festzuhalten:
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In Betrieben mit Betriebsrat sollte eine Regelung über eine Betriebsvereinbarung erfolgen. Wichtig ist hier die Nachwirkung bestenfalls explizit auszuschließen oder gar nichts hierzu in der Betriebsvereinbarung zu regeln.
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In Betrieben ohne Betriebsrat sollte jedes Jahr die Leistung als freiwillig erklärt werden, um so den Vertrauenstatbestand der betrieblichen Übung zu verhindern. Hier empfiehlt sich die Erklärung jedes Jahr gegenüber jedem Arbeitnehmer vorzunehmen und nicht auf pauschale Regelungen in Arbeitsverträgen zu vertrauen. Meist scheidet allein aus Praktikabilitätsgründen auch ein Vertrauen auf pauschale Regelungen in Arbeitsverträgen aus, da dies voraussetzt, dass alle betroffenen Arbeitnehmer eine entsprechende Klausel Arbeitsverträge haben müssten.