Das ewige Leid mit dem BEM
Für viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mag das betriebliche Eingliederungsmanagement ein rotes Tuch darstellen. Oftmals wird die Auffassung vertreten, es müsse durchgeführt werden, bevor man kündigen kann. Wie ein betriebliches Eingliederungsmanagement aber genau funktioniert bzw. ablaufen muss, ist vielfach nicht bekannt.
Wann ist das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen?
Das BEM ist für jeden Arbeitnehmer (m/w/d) durchzuführen, der länger als sechs Wochen innerhalb eines Jahres arbeitsunfähig erkrankt ist.
Die Einladung zum BEM
Es bedarf sehr viel Mühe und Sorgfalt das Einladungsschreiben auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung zu halten. Dennoch empfiehlt es sich das Schreiben regelmäßig zu überarbeiten und zu aktualisieren. Denn das Einladungsschreiben setzt erste Maßstäbe dafür, ob eine Basis für ein derartiges Verfahren gelingt. Es ist mithin oftmals ausschlaggebend dafür, ob der Arbeitnehmer (m/w/d) die Einladung annimmt, oder nicht.
Nach aktuellem Stand sollte das erste Anschreiben mindestens die folgenden Inhalte aufweisen:
- Mitteilung über das Vorliegen der Voraussetzungen ein BEM durchzuführen,
- gesetzliche Grundlagen und Ziele des BEM,
- Angebot auf Durchführung des BEM,
- gegebenenfalls Hinweis auf beiliegendes Informationsschreiben,
- Gesprächsangebot,
- Erläuterung, wer das BEM durchführen wird und welche weiteren Stellen beteiligt werden können,
- Hinweis auf die Freiwilligkeit des BEM,
- Datenschutzhinweise,
- Ansprechpartner für Rückfragen,
- Rückantwortformular.
Was gilt, wenn der Arbeitnehmer (m/w/d) nicht antwortet?
Das reine Schweigen des Arbeitnehmers (m/w/d) kann grundsätzlich nicht als Ablehnung der Durchführung eines BEM gewertet werden. Eine Ausnahme wird hiervon in der Praxis gemacht, wenn Sie im Einladungsschreiben dem Arbeitnehmer (m/w/d) eine Frist setzen, nach deren Ablauf Sie von einer Ablehnung ausgehen.
Welche Mindestanforderungen sind an ein ordnungsgemäßes BEM zu stellen?
Der Gesetzgeber hat in § 167 Abs. 2 SGB IX keine konkreten Voraussetzungen an das Verfahren gestellt, die Sie erfüllen müssen. Der Rechtsprechung der letzten Jahre lassen sich jedoch gewisse Mindestanforderungen an ein derartiges Verfahren entnehmen:
- Die zu beteiligenden Ämter, Stellen und Personen müssen einbezogen werden. Das ist die zuständige Interessenvertretung (Betriebsrat o.ä., sofern vorhanden), bei schwerbehinderten Menschen die Schwerbe-hindertenvertretung (sofern vorhanden). Zusätzlich soll der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen werden, sofern erforderlich.
- Kommen Leistungen zur Teilhabe oder kommen begleitende Hilfen im Arbeitsleben (für schwerbehinderte Menschen) in Betracht so sind der Rehabilitationsträger oder das Integrationsamt zu beteiligen.
- Im Rahmen der Erörterungen der Gründe für die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers (m/w/d) dürfen keine vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Anpassungs- und Änderungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Es müssen alle denkbaren Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten geprüft werden.
- Selbstverständlich müssen auch die von den Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert und nach dem zuvor genannten Maßstab auf ihre Umsetzbarkeit geprüft werden.
Wann ist ein BEM erneut durchzuführen?
Erkrankt ein Arbeitnehmer (m/w/d) nach der Durchführung des letzten BEM erneut für mehr als sechs Wochen, ist das Verfahren erneut durchzuführen.
Wann muss der Betriebsrat hinzugezogen werden?
Vorausgesetzt, der Arbeitnehmer (m/w/d) ist damit einverstanden, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat bei der Durchführung des BEM von Anfang an hinzuziehen.
Kann der Arbeitnehmer eine weitere Vertrauensperson hinzuziehen?
Der Arbeitnehmer darf gemäß § 167 Abs. 2 S. 2 SGB IX eine Vertrauensperson seiner Wahl (z.B. Familienmitglied, Rechtsanwalt usw.) hinzuziehen.
Muss das Ergebnis des Verfahrens einstimmig festgestellt werden?
Für das Verfahren zu keiner übereinstimmenden Beurteilung von Arbeitgeber und Betriebsrat, verbleibt es bei einem Dissens. Sofern Sie im Anschluss des Verfahrens konkrete Maßnahmen umsetzen, ist dies von dem eigentlichen BEM-Verfahren in rechtlicher Hinsicht nicht mehr umfasst. Hierbei sind selbstverständlich die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten.
Ist eine datenschutzrechtliche Einwilligung erforderlich?
Im Rahmen eines derartigen Verfahrens werden nicht selten Gesundheitsdaten verarbeitet. Sie sollten daher im Vorwege das Thema der datenschutzrechtlichen Einwilligung mit dem Arbeitnehmer (m/w/d) thematisieren. Die Gesundheitsdaten dürfen nur dann zum Zwecke des BEM verarbeitet werden, wenn der Arbeitnehmer (m/w/d) freiwillig eine Einwilligung abgegeben hat. Die Zustimmung zur Durchführung des BEM ist hierfür nicht ausreichend.